Offenbarung

Dem Wortsinn nach bedeutet Offenbarung Aufdeckung von etwas Verborgenem. Sie ist in allen Religionen von grundlegender Bedeutung. Durch Offenbarung zeigt sich Gott oder Göttliches den Menschen; dabei wird vorausgesetzt und empfunden, daß diese von sich aus keinen Zugang zu dem haben, was ihnen offenbar wird. Was als offenbart erfahren und geglaubt wird, hat ganz besondere Qualität und Autorität (z.B. die Bibel als "Heilige Schrift") . Aus früheren Zeiten werden Offenbarungserlebnisse oft in der Form von Träumen, Visionen und Stimmen berichtet. Im Alten Testament gibt es zum Beispiel die Geschichte von Jakobs Traum von der Himmelsleiter (1.Mose 28) oder von Mose, der Gott aus einem brennenden Dornbusch hörte (2. Mose 3). Propheten predigten das "Wort des Herrn", das Mißstände aufdeckte und Gottes Handeln ankündigte. Nach dem jüdischen Glauben offenbarte sich Gott insbesondere darin, wie er das Volk Israel geführt hat.

Christen verstehen unter Offenbarung nicht den Zugang zu einzelnen Erkenntnissen über Gott, sondern die Erfahrung: Gott ist in Jesus für alle Menschen da. Jesus sagte: "Jeder, der mich gesehen hat, hat den Vater gesehen" (Johannes 14,9).

Durch den von Jesus ausgehenden Geist ist Gott selbst zu den Menschen gekommen: "Er, das Wort, wurde ein Mensch, ein wirklicher Mensch von Fleisch und Blut, und nahm Wohnung unter uns. Wir sahen seine Macht und Hoheit, die göttliche Hoheit des einzigen Sohnes, die ihm der Vater gegeben hat. Gottes ganze Güte und Wahrheit ist uns in ihm begegnet" (Johannes 1,14). Zur Offenbarung wird das für Menschen, indem sie davon bewegt und betroffen werden (Heiliger Geist). Das vom Wort der Bibel bestimmte Reden und Tun jedes Christen kann für andere zur Offenbarung werden. Offenbarung ist auch nötig, damit Christen bei dem bleiben können, was Jesus angefangen hat und wollte.

Der Glaube an eine so verstandene Offenbarung bedeutet in der Praxis:

sie etwas von der größeren Wirklichkeit Gottes.

(und manchmal sehr überraschend) neu zu erleben. Darin wiederholt sich dann, daß sich Gott in Christus ganz anders gezeigt hat, als alle Menschen vorher von ihm gedacht hatten, nämlich als der Dienende, Liebende, Leidende und Sterbende.

Okkultismus

Das Wort Okkultismus bezeichnet eine Vielzahl von Praktiken, die sich auf der Grundlage eines Glaubens an übersinnliche Mächte mit Erscheinungen beschäftigen, die durch Naturgesetze nicht erklärbar sind. Dazu gehören u.a.: Hellsehen, psychisches Fernsehen, Wahrsagen (z.B. aus Spielkarten, Handlinien oder gegossenem Blei), Spiritismus, Astrologie, Spuk, Bewegung von Gegenständen ohne physikalisch feststellbare Ursache (auch Telekinese genannt; das angebliche Schweben von menschlichen Körpern heißt Levitation).

Der Okkultismus ist eine Form der Magie und beruht auf der Überzeugung, mit jenseitigen Mächten Verbindung aufnehmen und sie beeinflussen oder an ihrer Macht teilhaben zu können. Seine Anhänger wehren den Vorwurf des Aberglaubens mit dem Hinweis auf zahlreiche gut dokumentierte Beispiele ab; diese erzeugen dann bei unkritischen Menschen die Bereitschaft, selbst solche Erlebnisse zu haben und den Erwartungen anderer entsprechend davon zu erzählen. Dazu trägt auch die Gemeinschaft Gleichgesinnter bei, die sich als Eingeweihte fühlen. Zum Teil spielt auch die Absicht eine Rolle, mit dem Okkultismus Macht über andere auszuüben und etwas damit zu verdienen (z. B. durch unwissenschaftliche Heilungsmethoden oder mit dem Verkauf von Geräten gegen angebliche Erdstrahlung).

Christen, die in der Regel Okkultismus ablehnen (und höchstens denken, daß vielleicht doch etwas daran sein könnte), sollten ihre Einstellung gegenüber Menschen, die daran interessiert sind und sich etwas davon erwarten, überprüfen: Verachtung, Abscheu, Entrüstung oder Spott sind hier fehl am Platz. Denn dem Okkultismus liegt letztlich das gleiche menschliche Streben und Bedürfnis zugrunde wie auch der Wissenschaft und der Religion, nämlich über die eigenen Grenzen hinaus zu erkennen und an größerer Wirklichkeit teilzuhaben. Es ist nur nach vernünftigem Ermessen und im Blick auf das Angebot des christlichen Glaubens in eine falsche Richtung geraten, die zum Verlust realer Lebenschancen führt.

In der Auseinandersetzung werden Christen darauf verzichten, den Glauben an Übersinnliches und die daraus folgenden Einzelpraktiken lächerlich zu machen oder als unvernünftig abzutun, sondern im Blick auf die Wurzel dieses Bemühens das anbieten, was im Grunde auch von den Anhängern des Okkultismus gesucht wird: Wieviel faszinierende und leicht zugängliche Erkenntnis der Natur gibt es heute, und welche Einsichten vermittelt etwa allgemein verständliche Darstellung psychologischer Forschung! Die christliche Botschaft bringt die Wahrheit ganz nahe, daß Gott Liebe ist und alle Menschen im Hier und Jetzt ihres Lebens darin Erfüllung finden können.

Ökologie

Das Wort Ökologie wurde vor rund 100 Jahren von dem Biologen Ernst Haeckel geprägt. Es kommt von dem griechischen Wort oikos (Haus, Haushalt) und bezeichnet im engeren Sinn einen Zweig der Biologie, der die Beziehungen zwischen Lebewesen und ihrer Umwelt erforscht, z.B. zwischen Pflanze, Boden und Klima oder zwischen Pflanze und Tier. Im weiteren Sinn wird es heute zunehmend für die Wissenschaft von der Umwelt und für die Probleme gebraucht, die sich aus der Einwirkung des Menschen auf die Natur ergeben. Der Haushalt der Natur wird von den immer zahlreicher werdenden Menschen durch Düngemittel, Schädlingsbekämpfungsmittel und die Auswirkungen der Großtechnik (Abgase, Kernkraftwerke) tiefgehend gestört. Zahlreiche Tierarten sind oder werden vollständig ausgerottet. "Saurer Regen" droht unsere Wälder zu vernichten. Müssen wir befürchten, daß die Erde für den Menschen unbewohnbar wird?

Das Verhältnis des Menschen zur Umwelt wird für Christen maßgeblich vom Verständnis der Schöpfungsgeschichte bestimmt. Aus ihr ist zu erkennen, daß Gott die Welt als Lebensraum geschaffen hat. Der Mensch bekam von ihm die Aufgabe, diesen Lebensraum zu pflegen und zu schützen (1. Mose 2,15: zu bebauen und zu bewahren, übersetzt Luther). Weiter heißt es dort: "Vermehrt euch! Breitet euch über die Erde aus und nehmt sie in Besitz! Ich setze euch über die Fische, die Vögel und alle anderen Tiere und vertraue sie eurer Fürsorge an" (1. Mose 1,28; Luther: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan, und herrschet über die Fische . . . usw.). Diese Aussage darf nicht als Freibrief für eine schrankenlose Ausbeutung mißverstanden werden. Deshalb bemühen sich Christen verstärkt darum, den Haushalt der Natur besser zu verstehen und nicht noch weiter zu zerstören, auch wenn dies Einschränkungen notwendig macht.

Ökumene, ökumenisch

Das Wort Ökumene bedeutet im Altertum zunächst "die bewohnte Erde" bzw. "das römische Weltreich", später und heute die Gesamtheit der zahlreichen unterschiedlichen (und oft recht zerstrittenen!) christlichen Kirchen. Seit Bestehen der ökumenischen Bewegung mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts ist man bemüht, das Trennende zwischen den christlichen Konfessionen zu überwinden, ohne eine Einheitskirche anzustreben. Dies geschah zunächst (seit 1910) auf Weltkonferenzen für Mission, Praktisches Christentum ("Life and Work") und Glaube und Kirchenverfassung ("Faith and Order"). Auch internationale Zusammenschlüsse der Jugend und Studentenarbeit ( CVJM und Christlicher Studentenweltbund) sowie die internationale Friedens- und Sozialarbeit der Kirchen (Weltbund für Freundschaftsarbeit der Kirchen) haben zum Zusammenfinden der ökumenischen Bewegung beigetragen.

1948 wurde der "Ökumenische Rat der Kirchen" (ÖRK, mit Sitz in Genf) gegründet, dem inzwischen über 280 Kirchen angehören (die römischkatholische Kirche ist nicht Mitglied). Er versteht sich als eine "Gemeinschaft von Kirchen, die unseren Herrn Jesus Christus als Gott und Heiland bekennen und darum gemeinsam zu erfüllen trachten, wozu sie berufen sind". Zu seinen Zielen gehören die Erneuerung der Kirche, zwischenkirchliche Hilfe, Ausbreitung des Glaubens und Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit. Arbeitsformen sind die (in der Regel alle fünf Jahre zusammentretende) Vollversammlung, der mindestens einmal im Jahr tagende Zentralausschuß und der Exekutivausschuß. Außerdem gibt es zu den drei Bereichen "Glauben und Zeugnis", "Gerechtigkeit und Dienst" und "Bildung und Erneuerung" Kommissionen, Abteilungen und Programme u.a. für Weltmission und Evangelisation, Kirche und Gesellschaft, Antirassismus und Kirchlicher Entwicklungsdienst.

Auf Ortsebene geschieht ökumenische Zusammenarbeit zwischen katholischen, evangelischen und freikirchlichen Gemeinden in gemeinsamen Gottesdiensten (bzw. gegenseitigem Gottesdienstbesuch), Veranstaltungen und Gesprächen über Verschiedenheiten und Gemeinsamkeiten im Glauben. Vor allem in der praktischen Zusammenarbeit (Besuchsdienst, Sozialarbeit, Friedenswochen, Dritte-Welt-Arbeit) kommen Christen verschiedener Konfession einander näher - was sich hoffentlich in Zukunft noch mehr auf die Zusammenarbeit der Kirchen auswirken wird. Denn die Glaubwürdigkeit der Kirchen und der einzelnen Christen hängt in hohem Maß davon ab, ob sie sich bei aller Unterschiedlichkeit im Wesentlichen einig sind oder nicht. In der Praxis wird z. T. schon mehr gemeinsam gehandelt, als von den Kirchenleitungen zugelassen ist (z. B. bei Taufen, Trauungen, Mahlfeiern und im Religionsunterricht).

Opfer

In der heutigen Umgangssprache bedeutet Opfer die Hergabe von etwas Wertvollem bzw. den Verzicht darauf zugunsten eines bestimmten Zieles oder für andere Menschen. Das größte Opfer, das ein Mensch bringen kann, ist sein Leben.

Der Ursprung des Opfers liegt in der Religion. Schon in ältester Zeit wurden wertvolle Gegenstände, Nahrungsmittel und Tiere zu den Altären und in die Tempel gebracht und dort den Göttern geweiht. Dies geschah in der Absicht, die Götter gnädig zu stimmen, aber auch aus Dankbarkeit. Das Darbringen von Opfern war eine Hauptaufgabe der Priester. Ein besonders drastischer Vollzug der Hergabe war es, das Opfertier in feierlicher Form zu töten oder zu verbrennen. Wie groß muß das Gefühl der Abhängigkeit und der Angst gewesen sein, daß in manchen Kulten sogar Menschen geopfert wurden!

In der jüdischen Religion gab es bis zur Zerstörung des Tempels

(70 n.Chr.) viele verschiedene Formen des Opfers von Lebensmitteln und Tieren; allerdings auch schon Kritik von Propheten an der Bewertung dieser Opfer: "Liebe will ich von euch und nicht, daß ihr mir die Tiere schlachtet! Ihr sollt mir nicht Brandopfer darbringen, sondern tun, was mir gefällt" (Hosea 6,6). "Wenn du dem Herrn gehorchst, freut es ihn mehr als das beste Opfer" (l. Samuel 15,22).

Jesus hat diese Kritik übernommen (Matthäus 9,13). Er stellte aber auch eine arme Witwe als Vorbild hin, die er im Tempel beobachtet hatte, wie sie mit ihrer kleinen Gabe alles opferte, was sie zum Leben brauchte (Lukas 21,1-4).

Von den ersten Christen wurde der Tod Jesu als Opfer verstanden, das allen Menschen einen neuen Zugang zu Gott gibt. Die bisherige Opferpraxis war damit überholt (Römer 8,31-33; Hebräer 9,11-28). Das wird seitdem insbesondere im Abendmahl gefeiert und vermittelt. (Die katholische Kirche sieht im Abendmahl eine Wiederholung und Erneuerung des Opfers Jesu, Messe.)

Wenn in den christlichen Kirchen weiterhin von Opfern gesprochen wird, die Menschen bringen, so kann damit nur das Handeln gemeint sein, das sich aus dem Glauben an die Liebe Gottes ergibt. Wer sie erfahren und erkannt hat, wird sich selbst und damit auch seine Zeit, Kraft und Mittel für die Erfüllung der Ziele und jeweiligen Aufgaben des christlichen Glaubens einsetzen und darin seine eigene Erfüllung finden. " Brüder, weil Gott so viel Erbarmen mit uns hatte, rufe ich euch zu: Stellt euer ganzes Leben Gott zur Verfügung! Bringt euch selbst als lebendiges Opfer dar, an dem er Freude hat. So vollzieht ihr den Gottesdienst, der Gott wirklich gemäß ist" (Römer 12,1). "Vergeßt nicht, Gutes zu tun und euch gegenseitig zu helfen. Das sind die Opfer, die Gott Freude machen" (Hebräer 13,16).

Ordensgemeinschaften

Orden (lateinisch: ordo=Ordnung, Stand) sind Gemeinschaften, deren Mitglieder nach einer Regel leben und sich besonderen Aufgaben widmen. In der christlichen Kirche entstanden die heute bekanntesten Ordensgemeinschaften von Mönchen und Nonnen in der Zeit von 500 bis 1600 (u.a. die Benediktiner, Zisterzienser, Augustiner, Prämonstratenser, Karthäuser, Trappisten, Franziskaner, Dominikaner und Jesuiten). Die Hauptpunkte ihrer Regeln sind Armut, Keuschheit und Gehorsam (d.h. Verzicht auf persönlichen Besitz, Ehe und Geschlechtsverkehr sowie Unterordnung unter die Ordensoberen, bei den Jesuiten unter den Papst). Die später entstandenen weniger strengen religiösen Gemeinschaften werden in der katholischen Kirche Kongregationen genannt (wie z. B. die Redemptoristen, Englische Fräulein und Schulbrüder). In der evangelischen Kirche gibt es seit dem vorigen Jahrhundert ordensähnliche Gemeinschaften von Diakonissen und Diakonen; in neuerer Zeit entstanden z.B. die Christusbruderschaft in Selbitz, die Marienschwesternschaft in Darmstadt und der ökumenische Orden Communauté de Taizé in Frankreich.

Erst nach einer längeren Probezeit (Noviziat) kann die Aufnahme in einen Orden durch das Ablegen von Gelübden erfolgen, die für das ganze Leben gelten sollen.

Ein Hauptgrund zur Bildung von Orden war die Vorstellung, durch diese Lebensform die Aufforderung Jesu, vollkommen zu sein, erfüllen zu können (Matthäus 5,48). Die "beschaulichen" Orden widmeten sich hauptsächlich dem Gebet und arbeiteten nur zur Sicherung ihres eigenen Lebensunterhaltes (Kloster).

Die "tätigen" Orden haben im Lauf der Geschichte erstaunliche und vorbildliche Leistungen in der Landwirtschaft, Mission, Seelsorge, Bildung, Wissenschaft, Krankenpflege und Sozialhilfe vollbracht.

In den letzten Jahrzehnten hatten die meisten katholischen Orden und die evangelischen Schwesternschaften Nachwuchsmangel.

Das II. Vatikanische Konzil hat eine Reform der Orden eingeleitet mit dem Ziel, veraltete Formen aufzugeben und die eigene Heiligung mit dem Dienst für die Welt zu verbinden.

Heute wird die Möglichkeit, in einen Orden einzutreten, von vielen Christen und Interessenten als Wahl einer Lebensform angesehen, die den individuellen Möglichkeiten, Gaben und Neigungen einzelner entspricht (Charisma). Chancen und Grenzen im Vergleich zu anderen Wegen christlicher Lebensgestaltung werden gegeneinander abgewogen; den Ausschlag gibt jedoch immer noch der Glaube, eine Berufung zum Leben in einem Orden zu haben.

Ordnung

Kinder lernen Ordnung meist in dem kennen, was ihre Eltern tun und fordern: aufräumen, Zeiten einhalten, Aufgabenverteilung (Arbeitsteilung). Sprichwörter betonen die Zweckmäßigkeit der Ordnung: " ... sie erspart dir Zeit und Müh'."

Im eigenen Zimmer kann weitgehend nach eigenem Ermessen geordnet werden; im gesellschaftlichen Bereich (z.B. Straßenverkehr, Arbeit, Politik) finden wir Ordnungen vor. Sie verlangen Anpassung und Einordnung; ihre Nichtbeachtung wird bestraft. Sie sind nur mit Zustimmung einer Mehrheit (oder der jeweiligen Machthaber) zu schaffen und zu verändern. Gruppen, die gemeinsam etwas erreichen wollen, geben sich selbst eine Ordnung. Sie schränkt die individuelle Freiheit ein, ermöglicht dafür aber das Zusammenwirken vieler. Hochentwickelte Ordnungen eröffnen zwar viel Entscheidungsspielraum, können aber auch blind machen für den Zweck, dem sie eigentlich dienen sollen.

Ordnung wurde in manchen älteren Religionen als heilig angesehen (z.B. im Taoismus). Auch Schiller nennt sie in seinem Gedicht "Lied von der Glocke" "heilige Ordnung, segensreiche Himmelstochter".

Im christlichen Bereich wurden Grundordnungen (wie z.B. die des Staates, der Ehe oder der Arbeit) von Gottes Schöpfung hergeleitet ("Herr, was für Wunder hast du vollbracht! Alles hast du weise geordnet", Psalm 104,24; der Gegensatz ist das Chaos, 1. Mose 1,2 "Tohuwabohu" genannt). Die Zehn Gebote gelten als Lebensordnung.

Die ursprüngliche Gottesordnung ist allerdings für den Menschen nicht mehr klar zu erkennen oder von ihm selbst zerstört worden. Nach einem maßgeblichen protestantischen Glaubensbekenntnis (Augsburger Konfession, Artikel 16) sind Obrigkeit und Gesetze als "gute Ordnung, von Gott geschaffen" anzusehen (in deren Rahmen z. B. Ehen eingegangen, Prozesse und sogar "gerechte" Kriege geführt werden können), allerdings mit der Einschränkung: Wenn sie uns zur Sünde zwingen wollen, so ist Gott mehr zu gehorchen als Menschen (Apostelgeschichte 5,29). Heute stehen viele Christen und Theologen dem Geltungsanspruch bestehender Ordnungen kritisch gegenüber, weil oft versucht wird, damit ungerechte oder veraltete Zustände aufrechtzuerhalten und zu rechtfertigen.

Praktisch ist auch das Leben in der Kirche weitgehend durch Ordnungen geregelt (z. B. Gottesdienstordnung, Gemeindeordnung, Taufordnung usw.). Das ist kein Widerspruch zu der Freiheit und Liebe des Glaubens, wenn Ordnungen der Gemeinschaft und der Verkündigung dienen: "Alles soll anständig und geordnet zugehen... Denn Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens" (1. Korinther 14,40 und 33).

Orthodoxe Kirchen

Als orthodox, d.h. rechtgläubig, bezeichneten sich ursprünglich Kirchen, die sich an die Beschlüsse der Konzile von Nicäa (325), Ephesus (431) und Chalkedon (451) hielten und sich damit von der Lehre anderer Gruppen absetzten.

Durch kulturelle und politische Unterschiede zwischen den seit 395 entstandenen beiden Hälften des Römischen Reiches und die daraus folgenden Machtkämpfe kam es 1054 zu einer Kirchenspaltung (Schisma), weil die östlichen Kirchen die Vorherrschaft des Papstes nicht anerkennen wollten. Nur die Beschlüsse der ersten sieben ökumenischen Konzile (325-787) gelten seitdem in den orthodoxen Kirchen als verbindlich. Ihnen kommt es vor allem darauf an, die überlieferte Form der christlichen Lehre und Frömmigkeit möglichst unverändert zu erhalten. Heute gibt es etwa 90 Millionen orthodoxe Christen vorwiegend in der Sowjetunion, Griechenland, Zypern, auf dem Balkan und als Minderheit in vielen anderen Ländern. Die orthodoxen Kirchen arbeiten im ökumenischen Weltrat der Kirchen mit und verhandeln mit der katholischen Kirche über eine Wiedervereinigung, nachdem während des II. Vatikanischen Konzils (1965) die im Jahre 1054 ausgesprochene Exkommunikation aufgehoben wurde.

Die Hauptsache in den orthodoxen Kirchen ist der Gottesdienst, der nach genau festgelegten Regeln (Liturgie des Chrysostomus und des Basilius) gefeiert wird. In den rituellen Handlungen, Gebeten, Liedern, Bibellesungen und durch zahlreiche Bilder (Ikonen) von Christus, Maria und den Heiligen erleben die Gläubigen die Nähe Gottes wie nirgends sonst.

Der Gottesdienst ist für sie das Symbol für das Kommen Gottes in diese Welt, das in seiner Menschwerdung in Christus begonnen hat. Die Teilnahme am Gottesdienst erfüllt die Gläubigen mit dem Heiligen Geist, der ihnen hilft, ein christliches Leben zu führen.

Besonders feierlich wird das Osterfest begangen.

Außenstehende empfinden diese Art von Frömmigkeit und Kirche oft als weltfern und zu sehr auf bestimmte Formen bzw. auf den Gottesdienst festgelegt. Sie hat aber jedenfalls dazu beigetragen, daß Christen in den östlichen Ländern ihren Glauben auch unter der Herrschaft des Islam und des Kommunismus beibehalten konnten.

Ostern

Ostern ist das älteste Fest der Christenheit. Nachdem die ersten Christen zunächst an jedem "Herrentag" (Sonntag) der Auferstehung ihres Herrn gedachten, wurde das Osterfest seit dem 2. Jahrhundert alljährlich gefeiert (seit dem 7. Jahrhundert überall am ersten auf den Frühlingsvollmond folgenden Sonntag).

Da das Osterfest auf das Gedenken des Leidens und Sterbens Jesu folgt, kann es als Befreiung und Freudenfest empfunden und begangen werden. Viele Gebräuche und Gottesdienstformen bringen das zum Ausdruck. Früher wurden in der Osternacht Taufen vollzogen, wobei die Täuflinge in weiße Gewänder gekleidet waren. Bis zum Mittelalter dauerte das Fest eine ganze Woche. Ähnlich wie bei uns heute an Weihnachten machte man sich gegenseitig Geschenke (u.a. auch Ostereier), ließ Gefangene frei und half den Armen. Zu dieser Grundstimmung trägt bei, daß Ostern auch als Frühlingsfest empfunden wird. Der christliche Sinn der Osterfeiertage erschließt sich allerdings nur dem Glauben an die Auferstehung Jesu Christi.