Gastarbeiter

Von 1955 bis 1973 wurden in den Ländern Italien, Jugoslawien, Griechenland, Spanien, Portugal und in der Türkei im Interesse der deutschen Wirtschaft Arbeitskräfte angeworben. Nach einer Aufenthaltsdauer von einigen Jahren sollten sie in ihre Heimat zurückkehren.

Von den 1982 in der Bundesrepublik lebenden 4,6 Millionen Ausländern sind aber die Hälfte schon über 10 Jahre hier; ein Drittel davon sind Jugendliche und Kinder, von denen die Hälfte in Deutschland geboren wurde. Nach so langer Zeit wäre es schwer für sie, wieder in ihrem Heimatland Fuß zu fassen.

Auch durch Rückkehrförderung sind die meisten nicht dazu zu bewegen, Deutschland freiwillig zu verlassen. Eine Ausweisung ist politisch trotz der erschreckend zunehmenden Ausländerfeindlichkeit aus humanitären Gründen nicht durchführbar und wirtschaftlich nicht zweckmäßig. In vielen Berufen, etwa im Bergbau, in der Auto- und Bauindustrie, im Hotel- und Gaststättengewerbe und in der Krankenpflege, werden sie auch bei steigender Arbeitslosigkeit in anderen Bereichen gebraucht. Die Bundesrepublik steht also vor dem Problem, sich auf einen noch längeren und sogar dauernden Aufenthalt dieser großen Zahl von Ausländern einzustellen:

Die Lösung dieser Aufgaben ist u .a. durch Vorurteile, fehlendes Verständnis, Geldmangel und beträchtliche soziale und kulturelle Unterschiede zwischen Deutschen und Ausländern aus südlichen Mittelmeerländern erschwert (die meisten ausländischen Arbeitnehmer sind Türken und gehören dem Islam an)

Christen haben hier viel Verantwortung und Möglichkeiten, etwas dazu beizutragen, sei es im persönlichen Umkreis, in der Gemeinde oder als Bürger in der Gesellschaft.

Die Evangelische Kirche in Deutschland hat mehrfach dazu aufgerufen, ein partnerschaftliches Zusammenleben von Deutschen und Ausländern anzustreben. Sie tritt allerdings auch dafür ein, daß die Einschränkung der Zuwanderung von Arbeitnehmern aus Nicht-EG-Ländern bestehen bleibt (Fremde).

Gebet

Gebet gibt es in allen Religionen zu Gott, Göttern oder zu jenseitig gedachten Personen (z.B. Heiligen, Maria, Jesus). Grundlage des Gebetes ist der Glaube, daß der Mensch in und vor einer größeren Wirklichkeit lebt, in der er aufgehoben ist und die ihm helfen kann. Im Gebet überschreitet der Mensch sein Ich und die Grenzen seines Verstehens. Es ist Ausdruck von Freiheit, Offenheit und Verantwortung für mein Tun und Lassen. Einzelheiten des Lebens werden im Gebet erinnert und in den Zusammenhang des Glaubens gebracht. Durch Beten gewinnt mancher Abstand von sich selbst und vom Druck der Situation. Er sammelt Kraft und pflegt auf diese Weise langfristig Wünsche und Bedürfnisse, die zunächst unerfüllbar erscheinen (z. B. Frieden, Gerechtigkeit). Der Beter findet sich nicht mit der Wirklichkeit ab, sondern glaubt, daß sie veränderbar ist.

So dient das Gebet auch der Vorbereitung, Ausrichtung und Reflexion des Handelns.

Gebet ist realistisch, weil der Mensch darin unterscheidet zwischen dem, was er selbst tun kann, und dem, was nicht in seiner Macht steht. Jesus hat zum Gebet ermutigt ("Bittet, so wird euch gegeben", Matthäus 7,7). Aber daraus läßt sich kein Anspruch auf Erfüllung aller Gebete ableiten. Ohnmacht wird durch Beten erträglich.

An den Gebeten eines einzelnen oder einer Gruppe läßt sich erkennen, wonach das Leben ausgerichtet wird. Gespräche mit anderen können im Gebet vorbereitet und weitergeführt werden (Pädagogik und Psychologie haben die Wichtigkeit des "inneren Dialogs" insbesondere für Kinder erkannt). Negativ kann Gebet zum Ersatz für Handeln werden, von der Realität ablenken und (nach menschlichem Ermessen) unerfüllbare Hoffnungen verstärken. Häufiges Beten und Wiederholungen verführen zu Gedankenlosigkeit oder werden als Beweis für starken Glauben und Frömmigkeit mißverstanden. Gebet kann viele Formen haben, von der kurzen, spontan selbstformulierten Bitte (früher "Stoßgebet" genannt) bis hin zu längeren und durch Gebrauch bekannten Gebeten, still für sich oder in Familie, Kirche und Gruppen, laut und zusammen mit anderen.

In feststehenden Formeln können Beter sich mit anderen treffen und sich selbst mit ihren eigenen Anliegen einbringen. Auch Meditation, Gesang und Plakate sind oft Gebete.

Zum (Anlaß und) Inhalt des Betens kann alles werden: Bitte um kleine und große Dinge, für andere und für alle, Dank, Gedenken, Klage, Bekenntnis, Frage, Antwort, Zugeben von Schuld, Staunen, Lob, Anerkennung (nicht aber Anweisung oder Belehrung).

Als Vorlage für Gebete dienen das Vaterunser, Psalmen und Liederverse, Bücher mit Gebeten für besondere Situationen und Altersstufen, vom einfachen Kindergebet bis zur kunstvollen Dichtung.

Die Fähigkeit zu beten wird am besten zusammen mit anderen (z.B. den Eltern) als Kind gelernt, aber auch später kann es eingeübt und auch von jemand probiert werden, der sich Gott nicht als Person vorstellt. Feste Zeiten oder Regeln haben sich als hilfreich erwiesen (z.B. am Morgen oder Abend, beim Essen oder zu Beginn einer Reise). Aber ihre Einhaltung ist ebensowenig wie Händefalten oder Knien ein sicheres Kennzeichen für christliches Beten. Dieses muß sich vielmehr immer wieder neu aus dem ergeben, woraus der Glaube lebt.

Wer den Wert des Gebetes für sich erfahren hat, wird andere dazu einladen oder teilnehmen lassen.

Geborgenheit

Versuchen wir einmal, das Gefühl der Geborgenheit zu beschreiben, dann sind Aussagen wie diese zu erwarten: Wo ich geborgen bin,

Kinder erfahren und brauchen Geborgenheit besonders in den ersten Lebensjahren von der Mutter, von den Eltern. Nur wenn sie zuverlässige Geborgenheit erfahren, können sie als Erwachsene Angst überwinden und Zuversicht haben.

Ist Geborgenheit auch ein Bedürfnis Erwachsener? Ja, nur in anderer Form als bei Kindern: Sie suchen sie in der Gemeinschaft; wenn sie Hilfe brauchen und sich bedroht fühlen.

Durch den Tod wird alle Geborgenheit, die wir gefunden haben, radikal in Frage gestellt.

Im Glauben finden Menschen auch angesichts dieser Bedrohung Geborgenheit. Es geht über das Maß dessen hinaus, was Menschen sich gegenseitig sein und geben können, wenn der Psalmist in großer Gefahr betet: "Ich liege und schlafe ganz mit Frieden; denn allein du, Herr, hilfst mir, daß ich sicher wohne" (Psalm 4,9). Wer das so empfindet, wird auch anderen Anteil daran geben wollen durch Worte, Taten und Sein. In der Gemeinschaft von Christen ist das wohl leichter zu erleben als allein. Hier brauchen sich Erwachsene nicht dafür zu schämen, daß sie bei aller Aktivität und Selbständigkeit doch eine tiefe Sehnsucht nach Geborgenheit haben.

Gebote

Gebote sind religiöse oder sittliche Vorschriften. Sie sollen bewirken, daß die von einer Religion oder Gemeinschaft für gut, nützlich oder notwendig gehaltenen Handlungen auch dann vollzogen werden, wenn der einzelne es nicht einsieht, keine Lust dazu hat oder nur auf seinen eigenen Vorteil schaut.

Zu unterscheiden ist zwischen grundlegenden Geboten (z.B. die Zehn Gebote) und solchen, die davon abgeleitet oder auf begrenzte Einzelleistungen gerichtet sind.

In den meisten Geboten ist ziemlich viel Erfahrung der Gemeinschaft und Vernunft enthalten. Wer ihren Sinn versteht, wird sie nicht nur als Zwang, sondern mehr als Information, Angebot, Herausforderung oder Erinnerung ansehen.

Wenn sich die mit Geboten beabsichtigten Wirkungen nicht (mehr) erzielen lassen, ist ihr Inhalt, ihre Formulierung und ihre Handhabung zu überprüfen.

Im Alten Testament gibt es eine Vorschrift, daß Eltern mit ihren Kindern über die für ihre Gemeinschaft wichtigsten Gebote sprechen sollen (5. Mose 6,20).

Auch im Religionsunterricht kann gelernt werden, welchen Stellenwert Gebote für eine Gemeinschaft und für Christen haben (Gesetz).

Geburtenregelung

Im Unterschied zu früheren Zeiten ist heute die Vermeidung einer Schwangerschaft bei uneingeschränktem Geschlechtsverkehr leicht und verhältnismäßig sicher möglich.

Das Eintreten einer Empfängnis wird nicht mehr als Zufall, allein von Gott gegeben oder in der Ehe einfach als selbstverständlich angesehen, sondern zunehmend als eine von beiden Partnern gewollte und zu verantwortende Folge ihrer sexuellen Beziehungen.

Voraussetzung einer Geburtenregelung ist eine ausreichende Kenntnis verschiedener Methoden und Mittel der Empfängnisverhütung, ihrer Auswirkungen und die Fähigkeit, sie richtig anzuwenden. Diese Kenntnis wird am besten möglichst frühzeitig (etwa im Alter von 12-14 Jahren) von den Eltern vermittelt, die ja auch die Möglichkeit haben, ihre Kinder über die eigene Praxis zu informieren.

Noch wichtiger ist aber die Einführung in den Begründungszusammenhang, in dem Geburtenregelung sinnvoll und notwendig ist, u.a. Alter, Gesundheit, soziale, wirtschaftliche und berufliche Situation, Art der Partnerschaft und die eigene Einstellung bzw. Glaubenshaltung.

Wer sich in den Methoden der Empfängnisverhütung nicht zuverlässig auskennt und nicht in der Lage ist, sich mit einem Partner darüber zu verständigen, sollte sich auch noch nicht auf sexuelle Beziehungen einlassen. Von der evangelischen Kirche wird auf folgendes hingewiesen:

Durch die Möglichkeit der Empfängnisverhütung läßt sich also nicht nur eine Schwangerschaft vermeiden, sie fordert auch die bewußte Entscheidung für ein Kind mehr als früher heraus.

Geburtenregelung ist nicht nur eine Technik, die einer verantwortlichen Elternschaft dienen soll. Sie geschieht auf der Grundlage des Auftrags Gottes an den Menschen, "die Erde zu beherrschen" (1. Mose 1,26-28). Wir haben es in den Überlegungen für eine Geburtenregelung immer mit dem Geheimnis und Wunder des Lebens überhaupt zu tun, nicht nur mit eigenen Interessen und Erkenntnissen. Christen wird es deshalb möglich sein, auch ein ungewolltes Kind zu bejahen und anzunehmen.

Geburtstag

Die Feier der jährlichen Wiederkehr des Tages der Geburt war bereits in der Antike üblich, besonders in Religionen und Weltanschauungen, die diesem Tage oder sogar der Stunde (etwa wegen des Einflusses der Sterne) schicksalhafte Bedeutung beimaßen. Üblich sind am Geburtstag mündliche oder schriftliche (mehr oder weniger formelhafte) Glück und Segenswünsche, Geschenke, Feiern im kleineren oder größeren Kreis (oder auch allein). Viele Menschen nehmen den Geburtstag zum Anlaß für Rückschau, Besinnung und Ausblick auf die Zukunft - letzteres nicht selten mit guten Vorsätzen. Ob dies in Dankbarkeit, Stolz, Bescheidenheit oder Unzufriedenheit geschieht, hängt in hohem Maß von der Grundeinstellung eines Menschen (oder Gratulanten) ab und nicht nur von den vergangenen Ereignissen und den gegenwärtigen Umständen.

Früher hatte für Christen der Tauftag oder Namenstag eine vergleichbare Bedeutung, weil sie darin des Tages ihrer geistlichen Geburt gedachten.

Geduld

Geduldig ist jemand, bei dem Ausdauer, Mut und Hoffnung stärker sind als Enttäuschung und Ärger; der auch bei Schwierigkeiten dran bleibt, es doch noch einmal probiert und im Leid nicht alles sinnlos findet, sondern es auszuhalten (zu "erdulden") versucht.

Geduld ist insbesondere im Umgang mit Menschen notwendig, um Wachstum und Veränderungen abzuwarten, die Zeit brauchen.

Die Fähigkeit zur Geduld ergibt sich nicht nur aus dem persönlichen Temperament, sondern mehr noch aus dem Glauben und der Grundeinstellung. Sie kann gelernt werden, um so besser natürlich, wenn sie sich gelohnt hat. Von Gott wird gesagt, daß er gegenüber Menschen geduldig ist und seinen Zorn zurückhält ("Voll Güte und Erbarmen ist der Herr, voll grenzenloser Liebe und Geduld", Psalm 103,8). Daraus können Kraft und Hoffnung auch dort kommen, wo Geduld am Ende ist: bei andauernder Erfolglosigkeit, schwerer Krankheit und im Leid.

Man kann andere um Geduld bitten, ihnen dafür danken und darüber nachdenken und reden, wie lange sie sinnvoll ist, wenn sie mißbraucht wird. Christen beten ( Gebet) auch darum, geduldig sein zu können. Dabei erfahren sie, daß Geduld eine Frucht des Geistes ist, den Gott gibt (Galater 5,22).

Gefühl

Allgemein gesagt ist Gefühl das Empfinden des geistigen und körperlichen Zustandes und der inneren Bewegung (= Emotion) eines Menschen. Es ist fast immer lustvoll oder unangenehm. Situationen, Sachen oder Personen, die in uns angenehme Gefühle auslösen, streben wir zu; ist das Gegenteil der Fall, so versuchen wir, sie zu meiden. Wir haben mehr oder weniger gelernt, unsere Gefühle auszudrücken, zu zeigen oder zu verbergen.

Ohne Gefühle einteilen zu wollen, seien hier als Beispiele einige genannt: Hunger, Müdigkeit, Angst, Freude, Traurigkeit, Zufriedenheit, Sympathie, Mitleid, Ehrfurcht, Wertempfinden, Liebe ...; manchmal auch ganz unbestimmt ein "ungutes Gefühl".

Es gibt auch "gemischte Gefühle"; der Anteil des Gefühls kann etwa bei Liebe oder Mitleid ganz verschieden stark sein bis dahin, daß uns ein Gefühl überwältigt (Tränen, Zorn). Manche haben Angst vor dem Aufkommen von bestimmten Gefühlen und werten sie deshalb stark ab.

Gefühle können Handlungen auslösen, verstärken oder hemmen und die Wahrnehmung steigern oder herabsetzen ("Liebe macht blind" - aber auch sehend). Kann ich mich auf mein Gefühl verlassen?

Mit manchen Gefühlen geraten wir in einen Gegensatz zu vernünftigem, zweckgerichtetem Denken. Sie werden dann als störend empfunden und unterdrückt, wenn wir den Verstand höher bewerten. Aber wenn das Gefühl zu oft dem Verstand geopfert wird, rächt sich das an ganz anderer Stelle: Wir fallen um so leichter auf irgendwelche Gefühlsköder herein, wie sie z.B. die politische Agitation, die Werbung und die Unterhaltungsindustrie verwenden.

Ist der christliche Glaube auch zu einem großen Teil Gefühl? Sind bestimmte Gefühle, wie z. B. Ehrfurcht, die Folge eines Glaubens?

Der evangelische Theologe Schleiermacher sprach davon, daß der Glaube die unmittelbar gefühlte Beziehung zum Universum sei und Religion das Gefühl totaler Abhängigkeit.

Manche Pfarrer betonen, daß der Glaube mehr und anderes sein soll als Gefühl. Viele Christen vermissen in ihren Gemeinden aber auch das Gefühl und klagen über intellektuelle Kälte.

In der Praxis des Glaubens nehmen Gefühle einen großen Raum ein. Deshalb werden sie in der kirchlichen Arbeit zunehmend berücksichtigt und ausdrücklich angesprochen, z. B. im Gottesdienst, durch Meditation und im Umgang miteinander. Menschen, die sich als Geschöpf Gottes verstehen, nehmen auch ihre Gefühle an und empfinden darin die Qualität ihres Lebens (Lebensqualität). Zur Liebe gehört, auf die Gefühle anderer einzugehen und sie nicht zu verletzen.

Gehorsam

Gehorchen fängt an mit hören - direkt oder indirekt auf jemand, der mir kraft seiner Stellung oder Kenntnisse etwas zu sagen hat. Wenn ich gehorche, dann lasse ich mich im Denken und Wollen, wenigstens aber im Handeln von anderen bestimmen. Geschieht es aufgrund von Regeln oder Vereinbarungen mit Einsicht und aus Überzeugung, so fällt Gehorchen nicht schwer; von den meisten wird Gehorsam wohl überwiegend als Zwang empfunden und aus Angst vor Strafe geleistet.

Um die eigene Einstellung zum Gehorsam (den ich leiste oder fordere) zu klären, lassen sich folgende Argumente nennen:

("Nachfolge"). Sie kann Stabilität und Verläßlichkeit gegenüber eigener Schwäche und Unsicherheit schaffen.

Geist

Das Wort wird in der Umgangssprache mit unterschiedlicher Bedeutung gebraucht. Goethe hat es als "des Lebens Leben" definiert. Das hebräische Wort für Geist bedeutet Windhauch, d.h. eine unsichtbare und mächtige Kraft (dieser Vergleich findet sich auch Johannes 3,8; in der Schöpfungsgeschichte: Lebensatem, 1. Mose 2,7).

Nach Empfinden und Erfahrung vieler hängt "mein" Geist von dem Geist anderer Menschen und Bereiche ab bzw. damit zusammen. In diesem Sinn spricht man vom menschlichen Geist, Volksgeist, Zeitgeist, Mannschaftsgeist, Gemeinschaftsgeist.

Der Idealismus geht davon aus, daß Geist auch ohne stoffliche Ausprägung existiert ("Es ist der Geist, der sich den Körper baut", Schiller). Darauf beruht der Glaube an gute und böse Geister (Spiritismus). Dagegen ist für den Materialismus auch der Geist nur ein stoffliches Produkt (populär ausgedrückt: "Der Mensch ist, was er ißt").

Geist wird überwiegend hoch bewertet. Viel wird versucht, um menschlichen Geist zu fördern, daran Anteil zu haben oder ihn zu beeinflussen. Leider gibt es ebensoviel, was geistiges Leben einschränkt und zerstört.

In der Bibel wird Geist im Gegensatz zu "Fleisch" und zum Buchstaben des Gesetzes gesehen (Matthäus 26,41; 2. Korinther 3, 6). Was Geist ist, läßt sich wohl am besten an seiner "Frucht" erkennen: Paulus nennt Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung (Galater 5,22). Offenkundig ist, daß der Mensch nicht selbst über diesen Geist verfügt. Er kommt nach dem christlichen Glauben aus dem von Jesus ausgehenden Geist, der in der kirchlichen Lehre "Heiliger Geist" genannt wird.

Gemeinde

Das Wort bezeichnet sowohl eine örtliche Bürgergemeinde wie auch die Glaubensgemeinschaft von Christen bzw. eine Organisationsform der Kirche. Der entsprechende Begriff im Alten Testament bedeutet "Versammlung", im Neuen Testament "die Herausgerufenen"; er ist dort gleichbedeutend mit Gesamtkirche. Gemeinde wird an einigen Stellen "Leib Christi", "Tempel Gottes" oder "Volk Gottes" genannt.

Rechtlich und organisatorisch ist eine Kirchengemeinde die Zahl und Gemeinschaft der in einem bestimmten Bereich wohnenden Mitglieder einer Konfession bzw. Kirche. In Deutschland gehören in Dorf- und Stadtgemeinden durchschnittlich 1800 Gemeindeglieder zu einer Pfarrstelle

(in den Freikirchen sind es weniger). Durch besondere Interessen und Bekanntschaften oder für bestimmte Personengruppen (wie z.B. Studenten oder Kranke) können sich auch andere Kriterien für die Zugehörigkeit ergeben als der Wohnort.

Organisation, Rechte und Aufgaben einer Kirchengemeinde sind in der Kirchenverfassung geregelt. Sie sollen Verkündigung, Lehre, Gemeinschaft und Dienst ermöglichen.

Meistens gehören zu einer Gemeinde mindestens ein Kirchengebäude, Pfarrstelle(n) und Mitarbeiter sowie je nach örtlichen Gegebenheiten Gemeindehaus, Friedhof, Jugendheim, Kindergarten oder andere Einrichtungen.

Das Leben der Gemeinde vollzieht sich in verschiedenen Formen von Gottesdiensten, Taufe, Abendmahl, Bibelstunden, Amtshandlungen des Pfarrers (Trauung, Bestattung), Seelsorge, Beratung, Besuchsdienst, gegenseitige Hilfe und Aktionen für Bedürftige, Gruppen für Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Alte u.a.m. Information (z.B. durch Gemeindebriefe), Erklärungen im Konfirmandenunterricht und eigenes Interesse können helfen, das vielfältige Angebot einer Gemeinde kennenzulernen und in Anspruch zu nehmen.

Ebenso wichtig ist die Kirchengemeinde aber als Feld für eigene aktive Betätigung, in der sich in der Übernahme regelmäßiger Dienste und Ämter oder bei gelegentlicher Mitarbeit Begabungen entfalten (auch "Charisma" genannt). Über die Gemeinde finden Christen auch Zugang zu speziellen Angeboten der Kirche wie Tagungen, Fortbildungskurse oder ökumenische Begegnungen.

Jeder Christ sollte aktiven Kontakt zu seiner Ortsgemeinde haben.

Gerechtigkeit

Was ist Gerechtigkeit? So schwer diese Frage zu beantworten ist - wohl jeder hält sie für ein Ideal, das anzustreben ist. Ungerechtigkeit wird als ärgerlich und schmerzlich empfunden; aber sie zu beseitigen gelingt auch deshalb nicht, weil es keine Einigkeit darüber gibt, was gerecht ist. Wollen wir sagen: Gerechtigkeit herrscht, wenn geltende Gesetze beachtet und ihre Übertretung bestraft wird? Oder beruht sie auf dem Prinzip der Gleichheit, nach dem keiner bevorzugt oder benachteiligt werden soll, das jedem die gleichen Chancen gibt - "Jedem das Seine"? Ist Gerechtigkeit dort, wo die Rechte des einzelnen genausoviel wert sind wie die Rechte der Gemeinschaft?

Im Alten Testament ist Gerechtigkeit kein ausgewogenes und allgemeingültiges Prinzip, sondern ein Verhalten entsprechend dem Bund, den Gott mit dem Volk Israel geschlossen hat.

Zur Zeit Jesu war die Auffassung weit verbreitet, die auch heute viele Christen teilen: Gerecht ist, wer die Gebote erfüllt. Jesus hat das anerkannt, wenn es ohne Überheblichkeit und Heuchelei geschieht, also aus der Grundeinstellung eines Menschen kommt (Lukas 18,9-14; Matthäus 23,23f.)

Wie bei Gott gehörten für ihn zusammen, was wir oft als extreme Gegensätze erleben: Gerechtigkeit und Liebe.

Seinen Tod und seine Auferstehung erlebten Jünger und erste Christen als einen ganz neuen Anfang in einer Welt, in der es aussichtslos scheint, Gerechtigkeit anzustreben: Jedem ist vergeben oder kann vergeben werden; jeder ist einbezogen und zum "Glied am Leibe" geworden, hat seine Aufgabe und Chance, kann etwas beitragen. Nicht wir schaffen diese Gerechtigkeit, sondern sie wird uns geschenkt, wenn wir sie im Glauben annehmen

(Römer 1,17).

Ist das aber dann nicht nur eine innerliche Gerechtigkeit?

Die Gefahr, daß es dabei bleibt, ist so alt wie das Christentum. Aber die "Kraft Gottes, die jeden rettet, der glaubt" (Römer 1,16), ist so stark, daß sie sich nicht auf die Frömmigkeit einzelner beschränken läßt, sondern durch Solidarität, Nächstenliebe, Vergebung und die eigentümliche Freiheit des Glaubens unsere bürgerliche, moralische und gesetzliche Gerechtigkeit immer wieder in Frage stellt. Sie gibt uns genug Selbstbewußtsein, andere nicht mehr verurteilen zu müssen, und öffnet uns den Blick für die Ungerechtigkeit, daß zwei Drittel der Menschheit in Armut und Hunger leben.

Diese Gerechtigkeit Gottes setzt sich nicht mit Gewalt durch, sondern durch Mit-Leiden, Stellvertretung und Opfer - das ist die Gewißheit des Glaubens, der auf Jesus Christus gerichtet ist.

Das bedeutet: Gerechtigkeit ist immer mehr und etwas anderes, als wir uns darunter gerade vorstellen. Sie kann aber schon in ganz kleinen, alltäglichen Handlungen Wirklichkeit werden, z. B. wenn in der Gemeinde die verschiedenen Gaben auch der Kinder und Jugendlichen zum Zug kommen oder Alte nicht einfach abqualifiziert und abgeschoben werden; wenn Deutsche sich solidarisch mit Afrikanern oder Polen verhalten - und darin noch nicht einmal eine besondere Leistung sehen, sondern einfach einen Ausgleich auf dem Gebiet, wo wir mehr haben - gerechtigkeitshalber.

Niemand wird dabei ärmer und keiner vergibt sich etwas: "Die Frucht der Gerechtigkeit wird Friede sein", heißt es bei Jesaja (32,17). Noch gibt es davon nur Anzeichen und Ansätze. Aber Christen haben in dieser Richtung noch eine ziemlich starke Hoffnung: Nach dem, was Gott ihnen versprochen hat und was sie davon schon kennen, warten sie "auf einen neuen Himmel und eine neue Erde, in denen Gerechtigkeit wohnt" (2.Petrus 3,13).

Gesellschaft

Der Wortstamm bedeutet ursprünglich die Gemeinschaft der Menschen, die in einem Raum, Haus oder Hof zusammenlebt (= sich gesellen).

Heute wird die Bezeichnung Gesellschaft sowohl für freie Vereinigungen von Personen zu einem bestimmten Zweck wie auch für die Gesamtzahl aller

Menschen in einem bestimmten Gebiet verwendet. Manchmal wird durch einen Zusatz noch ein besonderes Kennzeichen hervorgehoben, z. B. Agrar-, Industrie- oder pluralistische Gesellschaft (bis hin zu "Weltgesellschaft"). Das zeigt, daß der Lebensraum heutiger Menschen nicht nur durch Staatsgrenzen oder Nationalität bestimmt wird.

Mit Hilfe der Gesellschaftswissenschaft (= Soziologie) wird versucht, die Besonderheit einer Gesellschaft und ihre Wirkung auf den einzelnen besser zu verstehen. Je mehr Kenntnisse etwa über die Kultur, Arbeitsteilung, Machtausübung, Organisation und Besitzverteilung einer Gesellschaft da sind, desto größer sind die Chancen, sich entweder darauf einzustellen oder zu versuchen, etwas zu verändern.

Auch für die einzelnen Christen und die Kirche ist es wichtig, zu wissen, welches Verhältnis sie zu ihrer Gesellschaft haben bzw. anstreben. Sie sind, zusammen mit anderen Bürgern und Gruppen, für den Zustand verantwortlich, in dem sich ihre Gesellschaft befindet (z. B. Ausbildung, Stellung der Frau, Arbeitsbedingungen/Arbeitslosigkeit, Umweltschutz, Ausländerfeindlichkeit, um nur einiges zu nennen).

Ist die Gesellschaftsordnung gerecht? Läßt sich in unserer Gesellschaft frei und menschenwürdig leben?

Zur Lösung gesellschaftlicher Probleme trägt die Kirche nicht nur im Bereich der Sinn- und Wertfragen etwas bei, sondern ebenso durch diakonische Arbeit ihrer Gruppen, Gemeinden und Einrichtungen. Auch wenn die Stimmung oder die Politik der Machthaber in einer Gesellschaft gegen Kirche und christlichen Glauben gerichtet ist, sollen Christen doch das Wohl der Gemeinschaft suchen, die Lebensgrundlage aller ist (dafür wird oft die Aufforderung des Propheten Jeremia an die nach Babylon verbannten Juden zitiert: "Bemüht euch um das Wohl des Landes, in das ich [= Gott] euch verbannt habe, und betet für es zum Herrn; denn sein Wohl ist auch euer Wohl", Kapitel 29,7).

Natürlich werden Christen und Kirche auch darauf hinwirken, daß die Bedingungen für ein Leben nach ihrem Glauben möglichst günstig sind (Religionsfreiheit).

Gesetz

Schon von Kind auf wird das Leben des Menschen durch feststehende Ordnungen, Gebote und Verbote bestimmt. Da gibt es die Naturgesetze, die staatlichen Gesetze (z. B. Grundgesetz, Strafgesetzbuch), die Schul- und Prüfungsordnung und die vielen ungeschriebenen Gesetze der Tradition. Auch in der Mode, in Umgangsformen und in Vorurteilen sind Gesetze wirksam, ohne daß es uns bewußt wird.

Für jeden Menschen ist es wichtig, sich darüber klarzuwerden, welche Bedeutung "Gesetz" für ihn hat.

Das Volk Israel sah in seinem " Gesetz " einen großen Vorzug, weil es ihm auf der Grundlage eines Bundes mit Gott gegeben wurde (2. Mose 20). Im Alten Testament wird dem Menschen versprochen, daß es ihm gut geht, wenn er sich an das Gesetz Gottes, d.h. an seine Lehre und Weisung hält

(5. Mose 6,3).

Jesus hat die Geltung des jüdischen Gesetzes und der Zehn Gebote nicht bestritten, sondern sogar noch verschärft (Matthäus 5,27). Andererseits hat er gezeigt, daß Gesetz kein Selbstzweck ist, sondern dem Menschen zum Leben helfen soll (Matthäus 12).

Paulus und Luther haben betont, daß der Mensch seinen Lebenssinn nicht aus der Erfüllung von Gesetzen gewinnen kann, weil er das Wichtigste von sich aus nicht schafft: Gott von ganzem Herzen zu lieben und den Nächsten ebenso.

Gespräch

Das Gespräch ist das wichtigste Mittel menschlicher Orientierung und Gemeinschaft. Der Gewinn dabei hängt nicht nur von den Gesprächspartnern ab, sondern auch von der eigenen Gesprächsfähigkeit, die entwickelt und geübt werden kann (z.B. in der Familie, in der Jugendarbeit und in der Erwachsenenbildung).

Untersuchungen zeigen: Das Gespräch mit anderen hat mehr Einfluß auf das Verhalten als das, was nur gelesen oder gehört wird.

Gespräche dienen unterschiedlichen Zwecken, z.B. dem Austausch von Informationen, Erfahrungen, Meinungen, der Mitteilung von Bedürfnissen und Gefühlen, der gemeinsamen Arbeit, der Verständigung bei Konflikten, der Entscheidungsvorbereitung, aber auch dem Zusammenhalt einer Gruppe oder ganz einfach der Unterhaltung.

Anerkannte Regeln sind dabei u.a.: andere ausreden lassen und ihnen zuhören; "ich" sagen statt "man", d.h. sich selbst wirklich einbringen (und dabei kurz fassen!); jedem eine Chance zur Beteiligung geben; beim Thema bleiben, wenn eins vereinbart worden ist; auf das eingehen, was andere sagen; Ergebnisse zusammenfassen; mit für den Fortgang des Gesprächs sorgen.

Wer den Wert guter Gespräche zu schätzen weiß, wird sich gern daran beteiligen und sich auch durch Schwierigkeiten nicht entmutigen lassen. Oft lohnt es sich, ein Gespräch vorzubereiten und danach über den Verlauf noch etwas nachzudenken: Was habe ich gelernt? Welche Fragen sind noch offen? Wie habe ich mich verhalten? Das gilt um so mehr, wenn es sich um Themen des Glaubens handelt (Kommunikation).

Gewalt, Gewaltlosigkeit

Gewalt ist die Ausübung von Macht durch Anwendung von Zwangsmitteln. Sie wird meist durch Recht, Moral und Religion oder von dem damit verfolgten Ziel her begründet (also z.B. Strafe, Schutz, Ordnung, Erziehung). Oft setzen Menschen damit nur den eigenen Willen auf Kosten von Schwächeren durch (bis hin zu Verbrechen wie Vergewaltigung, Geiselnahme, Raub, Attentate; Krieg). Neuerdings wird mit dem Wort nicht nur der unmittelbare körperliche Zwang bezeichnet ("rohe Gewalt"), sondern auch die mittelbare, geistig und strukturell wirkende Nötigung anderer (z.B. durch Propaganda, Werbung, Arbeits- und Wohnverhältnisse; "Wortgewalt"). Die Unterscheidung zwischen gerechter und ungerechter Gewalt (also legal durch Polizei, Justiz und Militär einerseits und illegal durch Beraubung, Aufruhr, Terror u.a.m. andererseits) wird weithin akzeptiert, aber bei Demonstrationen, Hausbesetzungen und von Widerstandsbewegungen vielfach in Frage gestellt bzw. umgekehrt.

Die meisten Eltern sehen einen "Klaps", den sie als Erzieher ihrem Kind geben, nicht als Gewalt an; aber sie üben damit ihre "elterliche Gewalt" aus, die ihnen das Bürgerliche Gesetzbuch (_ 1626) zugesteht.

Wenn sich eine Gruppe von Demonstranten auf die Straßenbahnschienen setzt, ist das noch gewaltloser Widerstand? Sie provozieren damit die (pflichtgemäße) Gewaltausübung der Polizei und erzeugen damit möglicherweise eine Stimmung, die zu weiteren Gewalttätigkeiten bei anderen führt. Wer ist wirklich schuld an Gewalt? Wer sich mit dem Thema Gewalt beschäftigt, wird sich also fragen müssen:

Es ist schon ein großer Fortschritt, daß (unter dem Schutz der Grund- und Menschenrechte) viele Bereiche unseres alltäglichen Lebens inzwischen weitgehend frei von Gewalt gehalten werden können. Aber es gibt noch immer viel offene und verdeckte Gewalt. Und was noch schlimmer ist: Die Mittel der Gewaltanwendung sind so weit entwickelt worden, daß die ganze Menschheit damit ausgelöscht werden könnte.

Christen ist die Ausübung von Gewalt und Gegengewalt grundsätzlich verboten (z. B. Matthäus 5,21-22 und 38-48). Aber auch ihnen gelingt es nur selten, weitgehend oder ganz auf Gewalt zu verzichten.

Von Paulus werden sie aufgefordert, "den Trägern der staatlichen Gewalt den schuldigen Gehorsam zu leisten" (Römer 13,1 ) . Um die für Christen in öffentlichen Ämtern entstehenden Konflikte etwas abzumildern, hat Luther versucht, zwischen einer weltlichen und einer geistlichen Gewalt zu unterscheiden (Zwei-Reiche-Lehre). Aber das hilft auch nicht viel weiter und sollte nicht das eigentliche Ziel vergessen lassen: Gewalt in allen Erscheinungsformen überflüssig zu machen.

Was können Christen dazu beitragen? Zunächst werden sie aufgrund ihres Menschenbildes zunehmend empfindlich dafür werden, wo unterdrückende und schädigende Gewalt ausgeübt wird. Das Zuschauen bei Gewalttätigkeiten (z.B. in Film und Fernsehen) ist für sie keine angenehme Unterhaltung. Da sie selbst von Gott und anderen Menschen Liebe und nicht Gewalt erfahren haben, werden sie es wagen, wenigstens an einer Stelle den

Teufelskreis von Gewalt und Gegengewalt zu unterbrechen, auch wenn das zu ihrem Nachteil von anderen ausgenützt wird.

Sie werden miteinander nach gewaltlosen Methoden der Verbesserung menschlicher Gemeinschaft suchen und sie ausprobieren, um zu der "größeren Gerechtigkeit" zu gelangen, die es in der "neuen Welt Gottes" gibt (Matthäus 5,20) . Die Erfahrungen mit gewaltlosem Widerstand sind ermutigend.

Es gibt in der Einstellung zur Gewalt für Christen keine glatte und für alle gleiche Lösung. Sie werden sie in der Regel eher erleiden als ausüben. Allgemein anerkannt ist heute die Entscheidung einzelner für den Versuch, durch eigene Gewaltanwendung unabsehbares Unrecht zu beenden, wie z.B. beim Attentat auf Adolf Hitler. Aber rechtfertigen läßt sich Gewalt damit nicht.

Gewissen

Jeder Mensch hat mehr oder weniger stark und oft das Gefühl der Übereinstimmung oder des Gegensatzes zu den geltenden Geboten und zu seinen eigenen Idealen. Schon Sokrates sprach von einer "inneren Stimme", die ihn leitete und warnte; sie half ihm auch, standhaft zu bleiben, als es um sein Leben ging.

Viele Christen hören im Gewissen die Stimme Gottes. Paulus war der Meinung, daß das Gesetz Gottes allen Menschen ins Herz geschrieben ist, und sieht dafür einen Beweis im Gewissen, "dessen Stimme sie abwechselnd anklagt oder verteidigt" (Römer 2,15). Er hat sich aber auch damit auseinandersetzen müssen, wie unterschiedlich die Reaktion des Gewissens sein kann, wenn es durch die Freiheit des Glaubens verändert wird

(1. Korinther 8 und 10,23-29).

Für den Philosophen Kant war das Gewissen höchstes Zeichen der Menschenwürde, weil es letztlich über den Menschen hinausweist.

In den Menschenrechten (Art. 1 und 18) und im Grundgesetz (Art. 4 und 38) wird die Freiheit und Unverletzlichkeit des Gewissens geschützt, weil es die Einheit der Person zerstört, gegen das Gewissen zu handeln bzw. handeln zu müssen.

Nach psychologischer Erkenntnis kann man heute davon ausgehen, daß der Inhalt des Gewissens weitgehend in der Kindheit von den Eltern oder anderen Vorbildern übernommen wird. Piaget unterscheidet drei Stufen der Entwicklung: Auf der ersten erscheint alles erlaubt, was Vorteile bringt, und alles verboten, was bestraft wird. Danach lernt das Kind, sich am Verhalten der Erzieher und Erwachsenen zu orientieren und die Folgen einer Handlung auch abgesehen von Belohnung oder Strafe abzuwägen. Auf der dritten Stufe entwickeln sich dann die persönlichen Gewissensgrundsätze und die Fähigkeit, auf eine "innere Stimme" auch dann zu hören, wenn sie nicht mit der geltenden Moral oder Religion übereinstimmt.

Da sich Moralvorstellungen ändern, kann das Gewissen auch hinderlich sein, wenn es z. B. bei Widerstand gegen Autoritäten, sexuellen Handlungen oder Berufstätigkeit einer Mutter Schuldgefühle erzeugt, die noch auf früheren Regeln beruhen. Dieser Nachteil wird aber dadurch ausgeglichen, daß der Mensch durch das Gewissen eine große Freiheit gegenüber seinen Trieben und den wechselnden Einflüssen seiner Umwelt gewinnt. Es schafft auch ein höheres Maß von Bewußtsein, insbesondere wenn es gelingt, über die Auseinandersetzung mit dem eigenen Gewissen in ein Gespräch mit anderen

Menschen zu kommen. Dabei geht es dann letztlich nicht nur um die Frage: "Was darf und was soll ich?", sondern mehr noch darum: Wer bin ich? Wer will ich sein? (Kriegsdienstverweigerung)

Glaube

Christlicher Glaube ist Vertrauen auf die Gnade Gottes, die Jesus gepredigt und in seinem Leben und Sterben bezeugt hat. Im Hebräerbrief (11,1) heißt es: "Glaube ist: sich verlassen auf das, was man hofft, und fest mit dem rechnen, was man nicht sehen kann." Insgesamt wird mit dem Wort glauben die Grundeinstellung bezeichnet, von der abhängt, wie ein Mensch lebt und was er vom Leben hat. (Luther: "Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott." Im allgemeinen Sprachgebrauch hat das Wort glauben dagegen oft den Sinn von vermuten, meinen, für wahr halten.)

Glauben bestimmt oder ändert einen Menschen von Grund auf. Was glauben heißt, läßt sich deshalb am besten an den Wirkungen zeigen: Befreiung, Umkehr (Buße), Offenheit für die größere Wirklichkeit Gottes, Hoffnung, Liebe, Zuverlässigkeit, Festigkeit.

Meist wird der christliche Glaube aber von seinem Inhalt her beschrieben: glauben "an" Gott, die Schöpfung, Jesus, die Auferstehung, den Heiligen Geist, die Bibel, die Kirche und ihre Lehren, das ewige Leben (Glaubensbekenntnis). Die Bedeutung solcher Aussagen erschließt sich aber nur in der Grundhaltung des Glaubens als persönliches Betroffensein.

Wie kommt es zum Glauben? Tradition, Gewohnheit, Erziehung und Erlebnisse spielen dabei eine Rolle; nach der Bibel aber mehr das Vorbild christlichen Handelns und das überzeugte Weitersagen der christlichen Botschaft als eigenes Nachdenken und willkürlicher Vorsatz. Auch über Auseinandersetzung und Kritik kann einer zum Glauben finden. Christen erkennen in Anfang, Wachstum und Dauer des Glaubens (oft erst rückblickend) das Wirken des Heiligen Geistes.

Wer den Wert des Glaubens für sich selbst erkannt hat, wird auch anderen dazu verhelfen wollen. Dazu ist Erfahrungsaustausch nützlich, zumal in der Sprache des Glaubens oft Worte und Vergleiche vorkommen, die manchen ungewohnt sind und deshalb erst übertragen und erklärt werden müssen.

Viele sehen in der Wissenschaft eine Konkurrenz für den christlichen Glauben und meinen, daß der Glaube durch sie allmählich seine Bedeutung verlieren wird. Aber wissenschaftliche Forschung kann sich nur auf Teilbereiche menschlichen Lebens und Erkennens beziehen und keine Antwort auf die Frage nach dem Wozu und Wohin und nach dem Ganzen geben. Glaube und Wissen sind eigenständige Formen des Erkennens. Glaube bezieht Wissen ein. Auch die Wissenschaft geht von unbeweisbaren Voraussetzungen aus.

Da der Glaube nicht bewiesen werden kann und die Realität oft ganz anders aussieht, sind Gläubige auch dem Zweifel ausgesetzt. Ihr Glaube muß sich immer neu bewähren (d.h. seine Wahrheit und seinen Wert erweisen). Er braucht Verstärkung, Herausforderung, Anregung und Aktualisierung. Christen suchen und finden das im Gottesdienst, in der Bibel, in der Gemeinschaft und im Gespräch mit Gleichgesinnten und Andersdenkenden, beim Lesen und Beten, vor allem aber auch im sozialen Handeln und Helfen.

Glaubensbekenntnis

Es gehört zum Wesen des christlichen Glaubens, daß sich Christen in manchen Situationen durch Worte und Taten ausdrücklich als solche zu erkennen geben.

Formulierungen kurzer Glaubensbekenntnisse sind schon im Neuen Testament zu finden, z.B. im 1. Korintherbrief (8,6): "Jesus ist der Herr", und Apostelgeschichte 17,3: "Jesus ist der versprochene Retter."

Anfang des 2.Jahrhunderts entstand das "Apostolische Glaubensbekenntnis", das heute noch im Gottesdienst, bei Taufen und anderen Anlässen als Zusammenfassung der wichtigsten Inhalte des christlichen Glaubens gesprochen wird ("Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde, und an Jesus Christus ...").

Etwas ausführlicher ist das aus den Streitigkeiten um das rechte Verständnis Jesu als Sohn Gottes hervorgegangene und auf zwei großen

Kirchenversammlungen (Konzilen) im 4.Jahrhundert angenommene nizänischkonstantinopolitanische Glaubensbekenntnis.

Diese beiden Glaubensbekenntnisse und das sogenannte "Athanasianum" haben alle christlichen Kirchen gemeinsam.

Kennzeichnend für die lutherische Kirche ist das 1530 vor dem Reichstag zu Augsburg vorgetragene Bekenntnis ("Confessio Augustana").

Auch die Barmer Theologische Erklärung wird von vielen Theologen als Glaubensbekenntnis angesehen.

Weil manche Formulierungen der überlieferten Glaubensbekenntnisse nicht mehr ohne Erklärung verständlich sind, wurden als Ergänzung dazu Glaubensbekenntnisse in heutiger Sprache formuliert, die u.a. bei Gottesdiensten in neuer Gestalt Verwendung finden.

Das Bekennen des Glaubens kann u.a. folgenden Sinn haben:

Ein Glaubensbekenntnis zu sprechen bedeutet nicht, daß alles, was darin vorkommt, bis ins Letzte verstanden und akzeptiert ist. Jeder kann damit eigene Gedanken verbinden.

Glück

Was ist Glück? Wann und wodurch bin und werde ich glücklich? Darauf kann jeder eine andere - seine eigene Antwort geben. Gesundheit, Friede, Liebe, Freiheit, Erfolg und Wohlstand erscheinen als notwendige oder günstige Bedingungen für Glück; aber es gibt auch das Glück an kleinen Dingen und Erlebnissen, ja sogar in Leid, Krankheit und Sterben. Was für uns heute selbstverständlich ist (z.B. Nahrung, Auto, Fernsehen), wäre für andere großes Glück - wenigstens für eine Weile. In unseren Glückwünschen setzen wir meist voraus, daß Glück kein allgemeiner, sondern ein ganz persönlicher Zustand ist; nicht das Alltägliche, sondern das Besondere.

Glück haben wir oft - sogar im Unglück! Das sagen wir, wenn Schlimmeres zwar drohte und möglich war, aber nicht eintrat. Die einen sehen darin Zufall, die anderen Bewahrung und Chance.

"Jeder ist seines Glückes Schmied" und "Auf die Dauer hat Glück wohl nur der Tüchtige ", heißt es in zwei von den zahlreichen Sprichwörtern zum Glück. Aber die meisten verstehen es im Grunde doch so, daß es nicht erarbeitet und verdient, schon gar nicht erzwungen werden kann. Glücklich sein und glücklich machen ist noch mehr als Glück haben. Es lohnt sich, darüber nachzudenken: Was macht mich glücklich? Liegt es an mir, oder kommt es von außen - oder muß beides zusammentreffen? Wie bin ich glücklich? Worin liegt das Glück anderer? Wer hilft mir zu meinem Glück und wem helfe ich? Spielt mein Glaube dabei eine Rolle? Welche Wirkungen gehen von meinem Glück aus?

In der Bibel gibt es kein Wort, das treffend mit Glück zu übersetzen wäre; ähnlich gebraucht werden aber Heil, Friede Seligkeit (selig). Auffallend ist auch, daß Jesus in der Bergpredigt Menschen selig preist, die sich selbst nicht so nennen und fühlen: Arme, Leidtragende, Verfolgte, Barmherzige, Friedensstifter, Trauernde. Das alles weist darauf hin, daß für den Christen das eigene Glück nicht höchstes Ziel sein kann, wohl aber Konsequenz seines Glaubens. Glück ist für ihn (neben vielem anderen, worüber sich jeder Mensch freut) die Erfahrung von Sinn trotz Schuld und Leid, die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Christen, das Glück der anderen - insbesondere dann, wenn er selbst etwas dazu beitragen konnte. Das klingt alles ziemlich idealistisch, entspricht aber der Tatsache, daß durch ein egoistisches Streben nach Glück meist das Gegenteil erreicht wird und oft viele andere dabei unglücklich werden. Die Chancen für ein Glück als Folge einer umfassenden Grundeinstellung wie der des christlichen Glaubens sind da wirklich größer.

Gnade

Das Wort wird in der Alltagssprache selten gebraucht. Zwar gibt es im Strafvollzug noch Begnadigung; aber kein Vorgesetzter ist heute mehr so unumschränkt mächtig, daß es von seiner Willkür abhängt, ob er gnädig ist oder nicht.

Für den christlichen Glauben ist das Wort Gnade aber ein Schlüsselbegriff. Deshalb ist es wichtig, zu verstehen, was damit gemeint ist.

Im Alten Testament steht zunächst die helfende Zuwendung Gottes zu seinem Volk Israel im Vordergrund. Sie ist größer als der Zorn und die Strafen, die das ungehorsame Volk verdient hat.

In der Schöpfungsgeschichte wurde schon das Geschenk des Lebens an den Menschen als Gnade Gottes bezeichnet, nicht nur der Erlaß der angekündigten Strafe nach dem Sündenfall.

Obwohl das Matthäus- und auch das Markusevangelium ohne das Wort Gnade auskommen, ist die damit bezeichnete Wirklichkeit doch voll da, nämlich in Jesus, wenn er Sünden vergibt und das Kommen des Gottesreiches ansagt. Andererseits wird ebenso hart bezeugt, daß Gott jeden Menschen nach seinen Werken beurteilen wird (Matthäus 25,34-46). Ist das nicht ein Widerspruch? Gnade ist weniger ein Inhalt kirchlicher Lehre, sondern Ausrichtung und neue Grund(be)stimmung des Lebens: Ich muß mich nicht mehr selbstbehaupten und nicht mehr ständig in der Angst leben, ob es reicht, was ich bin, kann und leiste; in der Sorge, was ich wert bin. "Gnade" beschreibt eine größere Wirklichkeit, in der ich mich geborgen fühle trotz allem, was dagegen stehen und sprechen mag (einschließlich der schlechten Meinung, die ich von mir selber habe). Aus ihr kommt mir die Möglichkeit des Neuanfangs zu, wenn ich gescheitert bin. Wenn ich daran teilnehme, wachsen die Hoffnung und Erkenntnis, daß noch weit mehr davon da ist - auch für andere. Durch mich. (Auch das ist Gnade!) Gnade erlöst mein Leben aus der Beschränktheit und Selbstverständlichkeit. Sie macht dankbar (für immer mehr): Nicht nur für Wohlergehen, Erfolg, Kinder, Partnerschaft, sondern dafür, daß ich es in all dem mit dem Größten, mit Gott zu tun haben darf; und deshalb eben auch Erfahrung von Gnade in Problemen, Krankheit, Leid. In all dem glauben zu können wird auch als Gnade erlebt.

Ist die Kirche die Verwalterin dieser Gnade? Sie weist darauf hin, wo sie ihren deutlichsten Ursprung hat: auf Jesus von Nazareth, der nicht nur in vielen Gleichnissen und Handlungen Gottes Gnade bezeugt hat, sondern auch seinen eigenen Tod am Kreuz als Gnade für andere - für alle - annehmen konnte. Indem sie zeigen, wie sehr sie selbst darauf angewiesen sind, können Christen (und Kirchenvertreter!) vielleicht am besten anderen Menschen zu der Bereitschaft verhelfen, Gnade anzunehmen.

Der alte Streit, ob Gnade faul macht, wieviel eigenes Zutun doch noch nötig ist und ob es Gnade ein für allemal oder immer wieder neu gibt, ist durch die Praxis entschieden: Gnade bringt neue Wahrnehmung, Ermutigung, Aufgaben, Begabung (Charisma); das eigene Zutun wird niemand als Leistung betonen, der wirklich Gnade empfangen hat. Und die Gnade wird immer wieder neu empfunden, auch wenn sie im Grunde die gleiche ist wie am Anfang.

"Wie geht es Ihnen?" Ein Christ müßte eigentlich auf diese Frage immer mit Überzeugung antworten können: Danke. Es geht mir besser, als ich es verdiene.

Gott

Was läßt sich über ihn sagen?

Wer oder was Gott ist, ist nicht auf einen Begriff oder eine Formel zu bringen: "Was du begreifst, ist nicht Gott" (Augustin). Die Juden sprachen deshalb den Namen ihres Gottes überhaupt nicht oder verändert aus, um sich ständig daran zu erinnern, daß Gott der "Heilige", der "ganz andere" ist. Trotzdem hat der Mensch immer versucht, von Gott zu sprechen - meist wie von einem personhaften, übersinnlichen oder außerweltlichen Wesen mit übernatürlichen Eigenschaften.

Gott in der Geschichte In früherer Zeit wurde eine Vielzahl von Göttern verehrt (Monotheismus). Die Juden erlebten ihren Gott Jahwe zunehmend als den einzigen. Er hatte sich Abraham, Isaak, Jakob und Mose offenbart, das Volk aus Ägypten befreit und in ein fruchtbares Land geführt. Auf ihn führen sie das Gesetz zurück, nach dem sie heute noch leben; es verbietet, sich von Gott ein Bild zu machen, und fordert, seinen Namen nicht zu mißbrauchen.

Der Gott der Philosophen Philosophen kommen über das Denken zu Aussagen über Gott. Er wird von ihnen als erste Ursache von allem, als tiefster Grund des Seins oder als ausgleichende Gerechtigkeit bezeichnet. Manche halten Gott für ein Gedankengebilde des Menschen, das durch die Übersteigerung menschlicher Fähigkeiten zustande kommt (z.B. allwissend, allmächtig).

Jesus bringt Gott nahe. Jesus nannte Gott "Vater" und brachte ihn den Menschen durch anschauliche Vergleiche aus dem Alltag und die Zusage seiner Liebe nahe (z.B. in den Gleichnissen). In dem, was seine Anhänger nach seinem Tod von ihm erzählten, erlebten Gläubige Gott so direkt, daß sie Jesus Sohn Gottes nannten. Gott war für sie jetzt wieder ganz nahe: als Liebe, Geist, Sinn, Herr über Leben und Tod. Für Christen gilt: Wer Gott kennenlernen will, muß Jesus kennenlernen.

Wirkungen des Glaubens an Gott Die Grunderfahrung des Glaubens ist, daß Gott kein Wesen für sich ist, sondern für den Menschen dasein und ihm zum Leben helfen will. Das wirkt sich im einzelnen z.B. so aus:

Gottesbeweise

Gottesbeweise sind ein Versuch, Gottes Dasein und Wesen durch Vernunft zu erkennen und zu begründen. Schon der griechische Philosoph Aristoteles argumentierte (um 330 v. Chr.), daß die Welt nach dem Gesetz von Ursache und Wirkung einen Urheber haben müsse (kosmologischer Gottesbeweis). Im

Mittelalter wollten die Theologen Anselm von Canterbury (um 1100) und Thomas von Aquin (um 1250) den Glauben mit der Schlußfolgerung unterstützen: Wenn ein vollkommenes Wesen als Idee denkbar ist, dann muß es das auch geben - weil es sonst nicht vollkommen wäre (ontologischer Gottesbeweis).

Weitere beweiskräftige Anhaltspunkte für die Existenz Gottes sah man in der Ordnung und Zweckmäßigkeit der Natur (teleologischer Gottesbeweis), im Gewissen (moralischer Gottesbeweis) und in der Tatsache, daß in allen Kulturen und großen Religionen unabhängig voneinander Gottesvorstellungen anzutreffen sind (historischer Gottesbeweis).

Der Philosoph Immanuel Kant kam (um 1800) zu dem Ergebnis, daß Gottes Existenz durch solche Überlegungen nicht zwingend bewiesen werden kann. Von den meisten Theologen werden Gottesbeweise als unergiebig angesehen, nicht nur weil sie unsicher und wenig überzeugend sind, sondern weil sie sich nicht auf den Gott des christlichen Glaubens richten, der sich in Jesus Christus gezeigt hat. Die Beschäftigung mit solchen Überlegungen kann aber die Besonderheit des Glaubens klarer werden lassen.

Gottesdienst

In nichtchristlichen Religionen wird Gottesdienst hauptsächlich als Dienst an Gott bzw. Göttern nach deren Forderungen und Geboten aufgefaßt und in genau festgelegten Formen (= Riten) und Opfern vollzogen.

In der christlichen Kirche wird Gottesdienst mehr als die Wahrnehmung des Angebotes und Dienstes Gottes für den Menschen verstanden, aber ebenso als eine Form, Gott gemeinsam zu ehren, zu loben, zu bitten und von ihm zu hören. Deshalb ist die gottesdienstliche Feier neben Lehre, Seelsorge und Diakonie eines der wesentlichen Elemente der christlichen Gemeinde. Schon bald nach dem Tod Jesu gab es diese regelmäßigen Zusammenkünfte, bei denen von Jesus erzählt und vom Glauben gesprochen, aus den Schriften der Bibel und den Briefen der Apostel vorgelesen, gesungen, gebetet und gemeinsam gegessen wurde (Abendmahl; Apostelgeschichte 2,42). Daraus entwickelten sich allmählich die Messe und andere Gottesdienstformen, zu denen u.a. kurze, z.T. im Wechsel gesungene Begrüßungen und Segenswünsche, Bibellesung, Predigt, Glaubensbekenntnis, Gebete, Bekanntmachungen aus der Gemeinde und das Sammeln von freiwilligen Gaben gehören. Auch Taufen, Trauungen, Konfirmation, Einweihungen, besondere Vorfälle und Bestattungen können Bestandteil oder Anlaß eines Gottesdienstes sein. Zunehmend beteiligen sich Jugendliche und Erwachsene an der Vorbereitung und Gestaltung von Gottesdiensten durch Auswahl von Themen, Texten, Liedern, Medien und mit Instrumentalmusik, Gebeten, Aussagen und Rollenspiel.

Martin Luther hat nachdrücklich daran erinnert, daß Gottesdienst nicht nur auf eine besondere Veranstaltung beschränkt bleiben darf (eine Stunde in der Woche oder noch seltener!); vielmehr sollen Christen ihr ganzes Leben Gott zur Verfügung stellen ("das ist für euch der wahre und angemessene Gottesdienst!" Römer 12,1). Und Jakobus schreibt: "Ein reiner und makelloser Gottesdienst besteht darin, wenn man den Waisen und Witwen in ihrer Not beisteht und sich nicht an dem ungerechten Treiben dieser Welt beteiligt" (1,27). Gottesdienste als besondere Feier haben nur Sinn, wenn sie Christen helfen, ihrem Glauben entsprechend zu leben.

Gotteslästerung

Die Beschimpfung der Gottheit ist in den Religionen und im Strafrecht vieler Völker verboten und mit Strafe bedroht. Wer z.B. im alten Israel das Gebot "Du sollst den Namen deines Gottes Jahwe nicht mißbrauchen" verletzte, wurde gesteinigt (3. Mose 24,16).

_166 des Strafgesetzbuches sieht eine Strafe bis zu drei Jahren Gefängnis oder Geldstrafe für eine öffentliche oder schriftliche Beschimpfung des Inhaltes religiöser oder weltanschaulicher Bekenntnisse vor, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören; auch die Störung eines Gottesdienstes ist verboten.

Empörung und Strafe kann jedoch von Christen nicht als angemessene Reaktion auf aggressive Schmähung Gottes angesehen werden; sie sollten vielmehr versuchen, die Gründe eines solchen Verhaltens zu verstehen und wenn möglich darauf einzugehen.

Oft schon wurde ein neuer Ausdruck des Glaubens als Gotteslästerung empfunden und verurteilt. Auch Jesus hat man diesen Vorwurf gemacht (Matthäus 9,3 und 26,65).

Gottesvorstellungen, Gottesbilder

Obwohl es dem Wesen Gottes grundsätzlich widerspricht, gibt es zahlreiche Versuche, sich Gott (oder Götter) irgendwie bildhaft und anschaulich vorzustellen. So geht z.B. in einem Schöpfungsbericht der Bibel Gott im Garten Eden spazieren (1. Mose 3,8). In anderen Religionen früherer Zeit gab es Gottesbilder in Tier- und Menschengestalt, die im Tempel aufgestellt und verehrt wurden.

Bilder Gottes in der christlichen Kunst sind nicht als Abbilder, sondern als Sinnbilder zu verstehen. Es kommt darin nicht auf das äußere Aussehen "Gottes" an, sondern auf sein mit dem Bild dargestelltes Verhältnis zu den Menschen. Das gleiche gilt für Bezeichnungen wie Richter, Herrscher, Vater, denen auch bildhafte Vergleiche zugrunde liegen. Erwachsene und Kinder gestalten ihre Gottesbilder oft mit eigener Phantasie und Einzelheiten aus. Das macht Gott zwar anschaulicher, hemmt aber manchmal die weitere Entfaltung und Vertiefung des Glaubens, insbesondere wenn er als "alter Mann mit Bart", übermächtiger Erwachsener oder als der große Macher vorgestellt wird. Der christliche Glaube verzichtet auf bildliche Gottesvorstellungen, weil er sich auf die Erscheinung Gottes in Jesus Christus gründet (Johannes 14,9).

Götze, Götzendienst

Götzen sind (nach 1.Korinther 8,5) "Mächte, die als Götter verehrt" und angesehen werden. Das erste Gebot des Alten Testaments verbietet das:

"Ich bin Jahwe, dein Gott ... du sollst keine anderen Götter neben mir haben" (2. Mose 20,2). Christen werden von Paulus davor gewarnt (l.Korinther 10,14f.).

Man darf sich die damaligen Götzen und Lokalgötter nicht als scheußliche Wesen und ihre Verehrung nicht nur als krassen Aberglauben vorstellen. Vielmehr waren sie Symbole und Verkörperungen von Kräften und Teilen der Realität, die für den Menschen sehr wichtig sind, z.B. die Natur mit ihrer Fruchtbarkeit, Tiere, Bäume, das Wetter, Sonne und Mond. Durch

Gebet und Opfer wurde versucht, eine gute Beziehung zu ihnen zu halten und sie gnädig zu stimmen.

Objektiv gibt es keine Götzen (1.Korinther 8,4); aber alles kann dazu werden, wenn wir unser ganzes Leben danach ausrichten, zum Beispiel: "Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon" (Matthäus 6,24). Warum dies Wort? Weil damit nicht nur das Geld als Zahlungsmittel gemeint ist, sondern als eine geistige Macht, die das Denken und Handeln von Menschen umfassend bestimmen kann und damit zum Götzen wird. Soviel man damit machen kann - das Leben ist mehr als das, was ich besitze und bestimme. Götzen sind Lokalgrößen. Wenn sie für mich zum Höchsten werden, machen sie mich dafür abhängig und beschränkt. Deshalb will mich Gott von Götzen befreien, indem er mich zu sich ruft.

Grab

Für die meisten Menschen ist das Grab eines Angehörigen oder bekannten Menschen ein Ort, der die Erinnerung an den Toten erhält oder weckt. Besinnung, inneres Gespräch und Gebet sind oft nicht nur auf den Toten bezogen.

Durch die Gestaltung und Pflege eines Grabes bringen Lebende etwas von ihrer Beziehung zu dem Toten und von ihrem Glauben zum Ausdruck; die meisten Gräber (und Friedhöfe) sind ein Zeugnis dafür, daß mit dem Tod nicht alles aus ist.

Besonders in der ersten Zeit nach einem Todesfall und für ältere, alleinstehende Menschen ist das Grab und der Gang dorthin von großer Bedeutung. Jesus hat allerdings auch auf die Gefahr hingewiesen, daß die Beziehung zu Toten an der Wahrnehmung von Lebensmöglichkeiten und Aufgaben der Gegenwart hindern kann (Matthäus 8,22: "Laß die Toten ihre Toten begraben; folge mir nach!"). Auch das Verhältnis zu Jesus soll nicht wie zu einem Toten, sondern wie zu einem Lebenden sein ("Warum sucht ihr den Lebenden bei den Toten?", heißt es in Lukas 24,5).

Manche Menschen treffen zu ihren Lebzeiten eine Verfügung darüber, wie ihr Grab aussehen und ihre Bestattung gestaltet werden soll.

Gruß

Ein Gruß ist eine Geste oder Sprachformel, die Begegnungen und Beziehungen kennzeichnet und beeinflußt. Wir können damit z.B. zeigen: Ich kenne dich; ich freue mich, dich zu treffen; wir stehen in einer Gemeinschaft.

Wenn sich Bekannte den Gruß verweigern, so wird die Beziehung zwischen ihnen noch mehr zerstört.

Auch Abhängigkeit oder das Selbstverständnis einer Gemeinschaft kommen darin zum Ausdruck (z. B. in der erhobenen Faust der Kommunisten, im nationalsozialistischen Gruß mit erhobener Hand und "Heil Hitler" oder im V-Zeichen = Siegeshoffnung).

Der mit guten Wünschen oder mit "Auf Wiedersehen" verbundene Gruß erinnert daran, daß Leben nicht selbstverständlich ist.

Im Alten Testament bedeutet grüßen häufig soviel wie segnen (z.B. 1. Mose 47,7). Die religiöse Bedeutung einer Grußformel wird allerdings nur selten bewußt empfunden ("Grüß Gott", "Adieu" = Gott befohlen).

Bei Feier- oder Festtagen kann ein Gruß etwas zum Verständnis des Anlasses beitragen.

Im Gottesdienst werden Grußworte aus der Bibel verwendet, z.B. "Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi sei mit euch allen" (aus Römer 16,24).

Ein bekanntes Beispiel für einen Gruß, in dem eine Botschaft enthalten ist, findet sich Lukas 1,28. Dort spricht der Engel zu Maria: "Sei gegrüßt, du Begnadete. Der Herr ist mit dir." (Marienverehrung).

Auch die Feinde sollen nach dem Willen Jesu gegrüßt werden (Matthäus 5,47). Aber bei der Aussendung der Jünger macht er auch deutlich, daß Menschen mit einem besonderen Auftrag nicht jede Beziehung aufrechterhalten können (Lukas 10,4).

Guru

In Indien, insbesondere im Hinduismus, werden geistliche Lehrer so bezeichnet. Wenn in Europa die religiösen Führer von religiösen Gruppen und Sekten so genannt werden, dann sind damit u.a. meist Vorstellungen verbunden wie: besonderes Aussehen und Verhalten, geheimnisvolle Fähigkeiten und starker Einfluß auf Gläubige und Anhänger.